Linzer Chiromantie

Aus Artesliteratur
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Bei der Linzer Chiromantie handelt es sich um eine deutschsprachige Chiromantie, die in einem um 1464 entstandenen Handschriftenfragment überliefert ist (Linz, Landesbibl., Hs. 139 (früher 236), Bl. 1r–5r [bzw. alte Nummerierung: XXXXII–XXXXVI]). Dieses Fragment wurde aus der ursprünglichen Handschrift herausgelöst und mit einem Exemplar von Johannes Rothmanns Chiromancia sampt ihrer theorick practick und astronomischer concordantz (Erfurt 1596, VD16 R 3310) zusammengebunden.

Die Linzer Chiromantie ist ein nur lose geordnetes chiromantisches Traktat, in dem die chiromantische Fachterminologie (lini des lebens oder des herczen, perg der hand, lini des haubtz, lini des daumen, triangel, lini der leber oder des magen, höl der hand etc.) nicht eingeführt wird und der somit Grundkenntnisse zur Topographie der Handfläche voraussetzt. Der Text ist eine Übersetzung und folgt zunächst, mit wenigen Abweichungen und Ergänzungen, aber dennoch deutlich, dem der Chiromantische Kurzkompilation (Fassung 1). Ab dem Satz Jtem wenn die nachstgemelt lini hat est die übersich gen, das ist ein zaichen der erhöchung vnd der eren (fol. 3r unten) folgt die Chiromantie, deren holpriger Stil sich nicht ändert, wohl einer anderen Vorlage, die bisher nicht identifiziert wurde. Die weitere Aussagen betreffen nicht mehr nur die Linien auf dem Handteller sowie deren Winkelverhältnissen im triangel, sondern auch die Linien auf den Fingern und ihren Bergen sowie die Form und Färbung der Finger und der Fingernägel. Auf den prognostischen Text der Chiromantie folgt eine Erörterung zu der Frage, ob den zaichen der kunst wider standen müg werden, die mithilfe eines Ptolemäuszitats (Der weiß vnd der kunstreich herrschiert oder regiert v̈ber das gestirn vnd v̈ber die einflüß vnd zaechen) und unter Anführung mehrerer Beispiele positiv beantwortet wird.

Die Linzer Chiromantie ist bilang die einzige deutschsprachige Chiromantie, zu der eine vollständigen Edition vorliegt.

Linz, Landesbibl., Hs. 139 (früher 236), Bl. 1r–5r (bzw. alte Nummerierung: XXXXII–XXXXVI)

Informationen zum Textereignis
Digitalisat http://digi.landesbibliothek.at/viewer/resolver?urn=urn:nbn:at:AT-OOeLB-2065543
Online-Information https://handschriftencensus.de/12591

https://manuscripta.at/?ID=34131

Entstehungszeit um 1464
Entstehungsort Bairisches Sprachgebiet
Illustrationen keine

Edition

  • Marco Heiles, Eine unbeachtete deutsche Chiromantie in der Landesbibliothek Linz, in: ZfdA 145 (2016), S. 70–81, hier S. 78–81.

Forschungsliteratur

  • Konrad Schiffmann, Die Handschriften der Öffentl. Studienbibliothek in Linz (masch.), Linz 1935, S. 177.
  • Marco Heiles, Eine unbeachtete deutsche Chiromantie in der Landesbibliothek Linz, in: ZfdA 145 (2016), S. 70–81 (mit Abdruck aller Texte des Handschriftenfragments).
  • Marco Heiles, Prognostiken (Nr. 103a.), in: Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften des Mittelalters, begonnen von Hella Frühmorgen-Voss und Norbert H. Ott, hg. von Ulrike Bodemann, Kristina Freienhagen-Baumgardt, Pia Rudolph und Nicola Zotz, Bd. 10 (Pilgerbücher - Rechtsspiegel, Rechtsbücher), München 2023.